Ruf der Freiheit

Eine Stimme Russlands?

Warschau konnte mich nicht länger aufhalten, und so bin ich dann gleich abgezogen von der "Metropolens". Klar, ein paar Sehenswürdigkeiten muss man einfach gesehen haben. Zum Beispiel die Häuser rund um den Marktplatz. Sind sie doch mit viel Aufwand und Kleinarbeit wieder rekonstruiert worden, nachdem sie, und viele andere historische Bauten, im letzten Weltkrieg völlig zerbombt dem Erdboden gleichgemacht wurden. Doch für die Museen blieb leider nicht viel übrig, da würde auch eine Woche nicht reichen. Doch ich hätte es vermutlich nicht so lange ausgehalten. Mein Hotel war, bis an die Zähne bewaffnet, die reinste Festung. Oft zählte ich mehr Sicherheitspersonal als Gäste, und das in einem "gewöhnlichen" Zweisternehotel; ich kam mir ironischerweise wie in einem Gefängnis vor, die Angestellten mit Ausweisen, schön kontrollieren wer hereinkommt und was sonst alles passiert. Da frage ich mich schon, wer lebt hier wohl mehr in Freiheit, die da drinnen, oder alle anderen draussen?

Es wäre schade gewesen um jeden Tag, den ich dort vergeudet hätte, denn ich konnte kaum fassen, was mich dort draussen alles erwartete. Einen goldigen Flecken Land nach dem anderen, pure Natur und unberührte Schönheiten reihten sich aneinander und säumten die Strasse. Alle meine Wege bis zum Ende Polens. Da schlägt das Herz eines jeden Velofahrers, jeden Naturliebhabers höher. Zudem war ich wohl in dem Feriengebiet gelandet, in welches sie bestimmt von weit her kommen werden. Die saubersten Plätze, traumhafte Idylle, wunderbare Welt, nur etwas fehlte noch: Die Touristen. Es war eben noch nicht Zeit dazu, und so konnte ich mir jeden Abend - Eintritt frei - das aussuchen was alle im Sommer begehren und nur die wenigsten erhalten: Den besten Platz am Ufer eines Sees oder im Schatten des Waldes. Herrlich!

Überwältigt von diesen Naturwunder lege ich mich dann abends nach dem Essen müde und zufrieden in den Schlafsack und versuche nochmals die ungeheure Anzahl unterschiedlichster Bilder und Eindrücke zu verarbeiten. Alles, was vorbeizog, scheint sich jetzt erst richtig in meine Erinnerung zu prägen. Nicht nur Landschaften, auch Häuser, Kirchen, ganze Dörfer, gefüllt mit Leben, Kinder, Familien und viele Begegnungen.

Hierzu nochmals ein Sorry all denen, die auf Nachrichten oder neue Bilder gewartet haben, oder sich sogar Sorge gemacht haben, aber abends, da ist die Heimat einfach zu fern, und auch nur ein Gedanke daran, den Laptop anzuwerfen wäre hier mehr als nur ein Stilbruch. Da kann es schon mal dauern, diese Freiheit nehme ich mir.



Idylle - Ganz ohne Touristen Ziehbrunnen - noch häufig zu sehen
     
Wind - Die Vögel stehen, die Erde löst sich auf   unter Last  - was noch funktioniert, wird nicht repariert
     
Strassen - Manchmal gut...   ...und manchmal schlecht


Quer durch Polen...

...und nichts gestohlen - Welch ein Omen?

Zumindest habe ich bis heute nichts vermisst. Nebst dem Wetterglück (Ausnahme Wind!!!), das mir einmalige Reiseerlebnisse schenkte, waren es aber auch unzählige Begegnungen mit Menschen, welche mir trotz vielen Vorurteilen einen sehr positiven Eindruck hinterliessen. Besonders auf dem Land waren die Leute wenn auch etwas zurückhaltend sehr freundlich, liebenswürdig und nett. Hier gab es keinen einzigen Augenblick, wo ich auch nur etwas zweifelte, ihnen mein vollstes Vertrauen zu schenken, ja hier fühlte ich mich sogar wohl. Ich denke, da wird Russland nicht viel anders sein. Kein einziges Mal hatte ich mein Bike abgeschlossen, weder vor Bars und Restaurants, noch vor den Einkaufsläden und schon gar nicht bei den Übernachtungen draussen oder im Hotel. Natürlich war meist nur ein Fenster oder eine Tür dazwischen, wo ich hin und wieder beobachten konnte, wie neugierige aber doch sehr respektvolle Augen vorsichtig mein Gefährt untersuchten. Bei der Fahrt durch das Land kam ich mir oft vor, als würde ich auf einem Mondfahrzeug durch die Gegend kurven. Dabei steckt doch viel weniger Technik darin, als jedes schäbige Auto in sich birgt, es muss der Fahrer sein! Da winden sich die Hälse, da reckt sich das Volk, und da wird nicht selten ein Strassengespräch meinetwegen unterbrochen. Wie sollte da jemand mit diesem gestohlenen Fahrzeug unerkannt entkommen?

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Soldaten - von den Stiefeln verraten Wow! - Gugge und staune darf jeder...
     
Warschau - Gewisse Dinge ein muss   Geschleppter Schlepper  - der vordere zieht, der hintere will nicht mehr
     
Kirchen - Denk mal was!   Pentagon - Auch Vilnius hat eins
     
 
Zufahrt zum Hotel - Barriere und Nagelsperre   Freiheit  - unbezahlbar schön


So schmolzen sie dahin die Kilometer, gestern fünfzig von der russischen Grenze entfernt, aber leider war es nur die von Kaliningrad oder Königsberg, wie es so schön heisst auf Deutsch, eine Exklave Russlands an der Ostsee gelegen. Für das Russland, in welches ich einreisen werde dauert es noch eine Weile. Dennoch, die Tage sind gezählt...



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